Der Praxismietvertrag – rechtliche Stolperfallen vermeiden
Der Praxismietvertrag ist das Fundament jeder Arztpraxis. Fehler in der Vertragsgestaltung oder fehlende Regelungen können für Ärztinnen und Ärzte existenzbedrohende Folgen haben – insbesondere, wenn durch eine unzureichend formulierte Nachfolgeklausel eine geplante Praxisnachfolge scheitert. Verweigert der Vermieter in einem solchen Fall den Abschluss eines neuen Mietvertrags mit der Nachfolgerin oder dem Nachfolger, kann der wirtschaftliche Wert der Praxis faktisch vernichtet werden.
Umso wichtiger ist es, schon beim Abschluss des Mietvertrags alle Eventualitäten im Blick zu behalten – auch solche, die sich erst viele Jahre später auswirken können. Nachträgliche Verhandlungen sind zwar grundsätzlich möglich, setzen aber immer die Zustimmung des Vermieters voraus.
Im Folgenden finden Sie einen Überblick über die zentralen Regelungsbereiche eines Praxismietvertrags – und worauf Sie besonders achten sollten.
1. Parteien des Mietvertrags
Ein häufiger und teurer Fehler liegt in der falschen Bezeichnung der Vertragsparteien. Wird etwa bei einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) nur ein Arzt im Mietvertrag genannt, werden die übrigen Gesellschafter automatisch zu Untermietern – mit gravierenden Konsequenzen: Sie können sich in völliger Abhängigkeit vom Hauptmieter wiederfinden und riskieren im Konfliktfall den Verlust ihrer Praxisräume.
Zudem haftet der namentlich im Mietvertrag genannte Arzt allein für sämtliche Mietverpflichtungen gegenüber dem Vermieter. Auch die Berufsausübungsgemeinschaft selbst ist gefährdet, da der Vermieter bei Streitigkeiten unter Umständen eine unerlaubte Untervermietung geltend machen und das Mietverhältnis kündigen kann.
Ähnliche Risiken bestehen bei MVZ in der Rechtsform einer GbR. Auch hier kann das Mietverhältnis nur von sämtlichen Gesellschaftern gemeinsam gekündigt werden – verweigert ein Gesellschafter die Kündigung, bleibt der Vertrag insgesamt bestehen.
2. Nachfolge- und Erweiterungsklauseln
Wer frühzeitig eine Praxiserweiterung oder Nachfolge plant, sollte im Mietvertrag zwingend entsprechende Klauseln aufnehmen. Fehlen solche Regelungen, kann die Aufnahme eines neuen Arztes oder einer neuen Ärztin oder die Fortführung der Praxis durch eine Nachfolgerin vollständig an der Zustimmung des Vermieters scheitern.
Da zulassungsrechtliche Genehmigung und mietvertragliche Zustimmung rechtlich getrennt sind, kann der Vermieter seine Zustimmung verweigern oder mit einer Mieterhöhung verknüpfen. Eine klare Nachfolge- oder Erweiterungsklausel schafft hier Sicherheit und Planungsspielraum.
3. Anforderungen an die Mieträume
Die Mieträume müssen für den Betrieb einer Arztpraxis uneingeschränkt geeignet und genehmigt sein. Dazu gehört auch, dass der Betrieb einer Praxis mit regelmäßigem Patientenverkehr ausdrücklich erlaubt ist. Allgemeine Formulierungen in Standardmietverträgen reichen oft nicht aus.
Bauliche Veränderungen – etwa für Behandlungsräume, Hygienebereiche oder technische Anlagen – sollten mietvertraglich vorab genehmigt werden. Andernfalls kann der Vermieter den Umbau verweigern und den Praxisbetrieb erheblich beeinträchtigen. Ebenso ist zu regeln, ob der Praxisinhaber bei Auszug zum Rückbau verpflichtet ist.
Führt der Vermieter selbst Modernisierungsmaßnahmen durch, kann dies den Praxisbetrieb stören. In gravierenden Fällen steht dem Arzt ein Sonderkündigungsrecht oder Schadensersatzanspruch zu (BGH, Urteil vom 31.10.2012 – XII ZR 126/11).
4. Praxisschild und Außenwerbung
Nach § 17 Abs. 4 MBO-Ä ist jede Praxis durch ein Schild kenntlich zu machen. Dennoch sollte der Standort, die Größe und Gestaltung des Praxisschilds vertraglich geregelt werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Empfehlenswert ist auch eine Regelung, die das Belassen eines Hinweisschilds nach einem Umzug erlaubt.
5. Laufzeit und Kündigung
Im Gewerbemietrecht besteht kein gesetzlicher Kündigungsschutz wie im Wohnraummietrecht. Eine ordentliche Kündigung ist nach § 580a BGB mit Fristen von sechs bis neun Monaten möglich – ein erheblicher Unsicherheitsfaktor, da die vertragsärztliche Zulassung an den Praxissitz gebunden ist.
Empfehlenswert sind daher feste Mietlaufzeiten von fünf bis zehn Jahren mit Verlängerungsoptionen für den Mieter. So sichern sich Praxisinhaber gegen unerwartete Vertragsbeendigungen ab.
6. Konkurrenzschutzklauseln
Ein wirksamer Konkurrenzschutz verhindert nicht, dass der Vermieter einem anderen Arzt derselben Fachrichtung im gleichen Gebäude Räume vermietet – er schafft aber eine rechtliche Grundlage für Schadensersatz, wenn dadurch der Praxisbetrieb erheblich beeinträchtigt wird.
Auch ohne ausdrückliche Regelung kann eine Konkurrenzpraxis im selben Haus unter Umständen einen Mangel der Mietsache darstellen (BGH, Urteil vom 10.10.2012 – XII ZR 117/10). Dennoch empfiehlt sich stets eine klare vertragliche Festlegung des Konkurrenzschutzes.
7. Sonderkündigungsrechte
Langfristige Mietbindungen schaffen Planungssicherheit, können aber bei Todesfall, Krankheit oder Verlust der Zulassung wirtschaftlich nachteilig sein. Daher sollte der Vertrag Sonderkündigungsrechte für außergewöhnliche Fälle vorsehen – um eine unzumutbare finanzielle Belastung zu vermeiden.
8. Schriftform und Beurkundungspflichten
Praxismietverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr müssen gemäß §§ 578, 550 BGB schriftlich geschlossen werden. Andernfalls gelten sie als unbefristet und können nach Ablauf eines Jahres gekündigt werden.
Wird im Mietvertrag ein Vorkaufsrecht vereinbart, ist der gesamte Vertrag notariell zu beurkunden – andernfalls droht Nichtigkeit. Auch Änderungen und Nachträge sollten stets schriftlich dokumentiert werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Fazit: Rechtssicherheit beginnt beim Mietvertrag
Der Praxismietvertrag ist weit mehr als ein Formalakt – er entscheidet über die Zukunftsfähigkeit und den wirtschaftlichen Erfolg einer Praxis. Unklare oder fehlerhafte Vertragsgestaltungen können im schlimmsten Fall zur Existenzgefährdung führen.
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Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Trotz sorgfältiger Prüfung übernehmen wir keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben.










